Aufstellungen bringen Blockiertes wieder in Fluss. Was heißt eigentlich “im Fluss” sein? Meist empfinden wir uns im Fluss, wenn alles glatt geht, wenn uns die Dinge leicht von der Hand gehen. Doch wie sieht „im Fluss“ sein aus, wenn sich Bedingungen rauer zeigen?
Ein systemischer Grund-Satz lautet: „anerkennen, was der Fall ist“. „Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig!“, könnte eins einwenden. Und das stimmt auch: wir gehen immer mit Gegebenheiten um. Die Frage ist: wie tun wir das? Ruhen wir entspannt und gelassen lächelnd im Hier und Jetzt? Oder wissen wir kämpferisch: alles ist zu schaffen, wenn man nur will?
Wellen
Sowohl als auch, zeigt uns die Aufstellungsarbeit. Balance als Wellenbewegung.
Im Vorgespräch zur Aufstellung hören wir, was der Fall ist und wohin die Reise gehen soll. Im ersten Bild stellen wir auf, wie die Klient*in das Gegebene im Moment erlebt. Dann arbeiten wir mit den Elementen, wie sie sich zeigen und äußern. Es ist ein Dialog mit Fragen und Antworten.
Es ist ein Mitgehen mit den Gegebenheiten und Strömungen. Prozesse kommen in Gang. Es zeigen sich Handlungsoptionen: “Was nicht funktioniert, lass bleiben. Mach mehr von dem, was gut funktioniert.” (nach Steve de Shazer)
Steine
Ich liebe Steine, sie erzählen Ewigkeitsgeschichten, sind schön und vielfältig. Manchmal liegt uns einer im Weg als „ehrenwertes Hindernis“. Wie damit umgehen? In einer Aufstellung erkunden wir Möglichkeiten mit dem Hindernis umzugehen. Klar wünschen wir uns am liebsten, das Hindernis möge sich einfach auflösen: die störrische Teenager-Tochter kommt wundersamer weise zur Besinnung, die Führerscheinprüfung wird als überflüssig abgeschafft, und ich muss sie nicht mehr bestehen; mein Buch wird veröffentlicht ohne dass ich es schreiben muss.
Echter Wandel kann mehr: die Tochter kann in den Stürmen der Pubertät liebevoller begleitet werden. Die Aussicht auf eine schöne Überlandpartie kann das Lernen für die Führerscheinprüfung beflügeln. Das Buch kann über Schreibcoaching Realität werden oder sich in einen YouTube-Video-Kanal verwandeln.
Watershed – engl. für Wendepunkt
Eine gelungene Aufstellung verwandelt die gewohnte Sicht der Klientin/ des Klienten auf sein Thema in Zuversicht. Innerhalb der Aufstellung ergeben sich neue Perspektiven und Handlungsoptionen. Eine Aufstellung kann einen Wendepunkt in Bezug auf ein Thema sein. Wir sprechen vom plötzlichen Wandel. Ein plötzlicher Wandel in der inneren Einstellung, Ausrichtung und Energie. Wir gewinnen mehr Handlungsspielraum.
Steter Tropfen
Wir sprechen in Aufstellungen von „Prozessarbeit“, wenn beispielsweise der Fokus aus der Quelle der Erkenntnis schöpft oder sich mit einer neuen aktuelleren Form seines Zieles bekannt macht. Prozesse in Aufstellungen weisen auf hilfreiche Rituale für allmählichen Wandel hin. Hat mir in der Aufstellung das Schöpfen aus der Quelle gutgetan, kann es hilfreich sein, dies als inneres Ritual eine Zeit lang weiterzupflegen.
Lösungsbilder klingen nach und geben Ideen, was gut tun könnte für die weitere Entwicklung.
Ein langer ruhiger Fluss?
Woran können wir unter rauen Bedingungen erkennen, ob wir im Fluss sind? Ich merke es an meiner Körperspannung. Gegen etwas ankämpfen führt zu Anspannung, gehaltenem Atem und früher oder später zu Energielosigkeit.
Mich für etwas einsetzen gelingt fließender, beginnt mit spüren: was ist jetzt? Was möchte ich? Was finde ich vor?
Die Gegebenheiten annehmen und damit umgehen.
Wo möglich jenen helfen, die weniger gute Bedingungen vorfinden.
Und dankbar sein für alles, was jetzt hier gut ist und so bleiben soll.
©Alexandra Schwendenwein, Aufstellungsarbeit Wien