mit Elementen der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg
Als wir 2011 Elemente der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall B Rosenberg in ein Aufstellungsformat verwandelt haben, hatten wir den Impuls, das Format erst noch zu testen, bevor wir es für Klient*innen einsetzten. Wir stellten das Format in einer Abendgruppe vor und machten eine Aufstellung ohne Klient*in mit der Frage: „Was kann in einem Konflikt mit einer anderen Person hilfreich und nützlich sein?“
Das Ergebnis war ein ganz besonderes: Unsere Aufstellung führte zu einem tiefen Begreifen der GFK, weil die Repräsentant*innen körperlich mit dabei waren: Sie spürten im Lösungsbild, wie es ist, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse nah und klar bei sich zu haben. Das war auch für die anwesenden GFK-Kenner*innen besonders erhellend.
Mit dieser ersten GFK- Aufstellung ohne Klient*in war auch unsere Form der Lernaufstellungen geboren. Seit damals wenden wir Lern-Aufstellungen (LEA©ASHH) als Methode an, um heilsame Grund-Strukturen in den gelebten Alltag zu integrieren. Wir nutzen dabei verschiedene Aufstellungsformate aus SySt® oder Formate, die wir selbst nach der SySt-Grammatik entwickelt haben.
Hier geht es zum Artikel, den wir 2017 zu diesem Thema in „Praxis Kommunikation“ veröffentlicht haben:
Es steht in meiner Macht
Die GFK-Konfliktaufstellung ist für Konflikt- und Mediationsarbeit geeignet.
Am 17. Februar 2021 hatten wir nun Online-Premiere mit dem GFK-LErn-Aufstellungsformat:
Folgende Elemente brachten wir ins Bild:
- F Fokus
- PK die Person mit der F einen Konflikt hat
- T das Thema
- GF Gefühl von F
- BF Bedürfnis von F
- A Appell
- S Strategien-Pool als freies Element
Hier die Lern-Stationen, die sich in der Aufstellung gezeigt haben:
Es geht um Macht
Im ersten Aufstellungs-Bild empfand der Fokus Unbehagen beim Blick auf die PersonK und empfand sie als mächtig. PersonK fühlte sich tatsächlich sehr mächtig und liebte das Thema. Als das Gefühl ins Bild kam, stand es zwischen der PersonK und dem Appell gedrängt. PersonK meinte: „Alles gehört mir!“ und war zufrieden. Das Bedürfnis des Fokus stand weit außerhalb am Rand des Bildes. Und der Fokus war froh, dass das Bedürfnis weit weg ist, es zugleich aber den Überblick hat. PersonK wiederholte öfter, dass sie den Fokus überhaupt nicht verstehen kann.
Schon im Anfangsbild zeigten sich drei typische Grundmuster im Konflikt:
- Gefühl und Bedürfnis sind manchmal nicht bei uns, wo sie sinnvollerweise hingehören, damit wir gut für uns selbst sorgen können.
- Wir projizieren unser(e) Gefühl(e) auf die Konflikt-Person anstatt sie als Hinweise auf unsere Bedürfnisse zu lesen. Die Konflikt-Person kann diese Projektionen nicht verstehen.
- Indem wir die Verantwortung für unsere Gefühle und Bedürfnisse abgeben, geben wir auch Macht an die Konflikt-Person ab und fühlen uns unbehaglich. Im schlimmsten Fall sogar ohnmächtig.
Der Konflikt wird übermächtig
Was sich noch in der Aufstellung zeigte: Der Fokus spürt Unbehagen als er Appell und Gefühl dicht bei PersonK wahrnimmt und den starken Bezug zwischen Thema und PersonK. PersonK fühlt sich so wichtig, dass sie an einer Stelle meint, selbst der Fokus zu sein.
Als der Strategien-Pool ins Bild kommt, stellt er sich weit an den Rand und eng an die Bedürfnisse des Fokus: nun sind die Bedürfnisse des Fokus und die Strategien weit weg und fast außerhalb des Blickfeldes des Fokus. Für PersonK wird es unangenehm, als sie die Bedürfnisse des Fokus weit außerhalb hinter sich wahrnimmt. Die Bedürfnisse fühlen sich für PersonK übermächtig an und sie beginnt zu frösteln.
Aus dem zweiten Bild entnehmen wir weitere wichtige Hinweise:
- Wenn wir die Eigenmacht über unsere Gefühle und Bedürfnisse abgeben sind wir auch von den Strategien abgeschnitten, wie wir unsere Bedürfnisse erfüllen könnten.
- Einzig die Konflikt-Person scheint die Macht zu haben, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Das Thema und die Konflikt-Person werden für den Fokus übermächtig.
- Für die Konflikt-Person andererseits werden die Bedürfnisse des Fokus zur Belastung. Die Erwartungen des Fokus scheinen übermächtig und schaffen Unbehagen.
Heilsames Sortieren
Als sich in der Aufstellung schließlich das Gefühl sich näher zum Fokus wünscht, wo es sich zugehörig fühlt, beginnen Lösungen:
PersonK fällt ist für eine kurze Zeit nicht wahrnehmbar (virtuelle Aufstellung). Derweil heißt der Fokus das Gefühl und das Bedürfnis bei sich willkommen. Als PersonK wieder da ist, ist vieles sortiert und leichter: Bei PersonK wird eine Entlastung spürbar. Der Fokus fühlt sich gestärkt und der Strategien-Pool macht dem Bedürfnis den Weg zum Fokus frei. Der Appell wünscht sich weiter weg von der PersonK und der Strategien-Pool möchte ins Zentrum: im Lösungsbild steht der Fokus mit seinem Gefühl und seinem Bedürfnis an seiner Seite im Kreis mit der PersonK. Das Thema und der Appel stehen um den Strategien-Pool herum. Das Thema ist einfach nur noch ein Thema.
Dies Lösungsbild zeigt uns: Das Wichtigste ist die Klarheit darüber, dass wir als Erwachsene selbst für unsere Gefühle und die dahinterstehenden Bedürfnisse zuständig sind. Wenn uns das klar ist, entwickeln wir leichter Ideen, wie wir diese Bedürfnisse gut erfüllen können. Und auch die Appelle an die Konflikt-Person werden leichter und selbstverständlicher, weil die Überlastung durch Projektionen und das Abgeben der Eigenmacht gelöst ist. Eine Bitte wird dann einfach eine Bitte. Eine Kritik ist einfach ein Hinweis.
©Alexandra Schwendenwein und Harald Heinrich, Aufstellungsarbeit-Wien